Nürnberg, Gostenhof. Eine Streife ist auf dem Weg zu einem Mehrfamilienhaus. Aufgrund der unspezifischen Situationslage ist es den diensthabenden Polizeivollzugsbeamten bisher nicht möglich, die Gefährdungslage adäquat einzuschätzen. Besorgte Anwohner hatten den Notruf alarmiert, nachdem aus der Nachbarwohnung dramatisch klingende Geräusche und laute Schreie zu vernehmen waren.
Ein heftiger Streit unter zwei Brüdern. Beide sind deutlich in Rage. Der eine scheint stark alkoholisiert und hält einen dumpfen Gegenstand in der Hand. Bedrohlich tritt er den beiden Beamten damit gegenüber. Eine verängstigt wirkende Frau sitzt weinend und zusammengekauert in einer Ecke.
Nur eine von vielen möglichen unberechenbaren Szenarien die Hauptkommissarin Pamela Schmidt gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen der PI Nürnberg im Kontext ihrer täglichen Arbeit bisher durchlaufen mussten. Die Abwehr psychischer und körperlicher Übergriffe, ein präventives Entgegenwirken von Aggression und Gewalt und somit der Schutz zu betreuender Personen und Mitarbeitern hat bei der Deeskalation oberste Priorität. Hierbei sind klare Absprachen sowie eine bedingungslose und souveräne Zusammenarbeit im Team essenziell.
Im Jahr 2020 zählte das Bundeskriminalamt 38960 Gewalttaten allein auf Polizeivollzugsbeamte und -beamtinnen. Besorgniserregend ist die tendenzielle negative Entwicklung der letzten Jahre. Seit 2012 stieg die Anzahl der Gewalttaten gegenüber PVB um 20 %.
Deeskalationstraining ist deshalb besonders in Einrichtungen des öffentlichen Dienstes sowie des Gesundheits- und Sozialwesens von großer Bedeutung. Nicht selten besteht in diesem Setting ein erhöhtes Risiko für das Auftreten angespannter Situationen und aggressiver Verhaltenswesen. Mehr als 50 Teams durften Ralf Bohnert- Gründungsmitglied und Leiter des Krisendienst in Mittelfranken gemeinsam mit der Hauptkommissarin Pamela Schmidt bisher dabei begleiten, einen adäquaten Umgang mit bedrohlichen Situationen zu erwerben.
Am 31. August wurden im Pfarrheim in Schwarzenfeld die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der mobilen Teams des Krisendienst Oberpfalz einen Tag lang von den beiden Dozenten begleitet und erlernten hierbei verbale und nonverbale Deeskalationstechniken sowie Selbstverteidigungstechniken zur Abwehr möglicher körperlicher Übergriffe. Diverse Fallbeispiele aus der täglichen Arbeit der beiden Referenten sorgten hierbei für einen authentischen und kongruenten Praxisbezug.
Den Schulungs-Initiatoren Katjenka Wild und Jens Scheffel war es ein besonders großes Anliegen, den Kolleginnen und Kollegen der Mobilen Teams zum einen ein zunehmendes Gefühl von Sicherheit bei den Hausbesuchen zu vermitteln- sowie zum anderen ein möglichst individuelles, ressourcenorientiertes und klientenzentriertes Arbeiten im Rahmen der mobilen Einsätze zu fördern.